Einziehung | Vermögensabschöpfung

Mitte der 1990er-Jahre fand eine Neuausrichtung polizeilicher Ermittlungen statt. Neben der klassischen Dimension polizeilicher Ermittlungen zur begangenen Straftat, liegt ein weiterer Schwerpunkt der Ermittlungen nun auch auf der sog. Einziehung. 

Das Ziel einer solchen Einziehung ist es, ermittelte Täter nicht nur einer Strafe zuzuführen, sondern sie vermögensrechtlich so zu stellen wie vor Begehung der Tat. Dies wird dadurch erreicht, dass das kriminell erlangte Vermögen abgeschöpft und die unrechtmäßige Vermögensverschiebung dadurch ausgeglichen wird. 

Eine solche Vermögensabschöpfung führt in Kriminalitätsbereichen mit hoher Profitorientierung dazu, dass gerade jene finanziellen Ressourcen entzogen werden können, die die besondere Stärke und Flexibilität dieser Kriminalitätsphänomene ausmachen. Dies betrifft insbesondere die Organisierte Kriminalität, die Wirtschaftskriminalität, die Umweltkriminalität und die Korruption. 

Die Vermögensabschöpfung soll also zur Verhinderung gewinnorientierter Straftaten beitragen. Die Abschöpfung kann dabei die Taterträge selbst, aber auch die Tatprodukte, Tatmittel und Tatobjekte betreffen. Dies ist in den §§ 73 ff. StGB geregelt. Allerdings beinhaltet die Einziehung erhebliche Risiken für Betroffene.

Im Folgenden finden Sie detaillierte Ausführungen zu den relevanten Problemfeldern der Einziehung:

Voraussetzung für eine Einziehung von Taterträgen ist gem. § 73 StGB zunächst eine rechtswidrige Tat, für die kein schuldhaftes Handeln des Täters erforderlich ist. Ausreichend ist auch ein bloßer Versuch oder die Verwirklichung eines Fahrlässigkeitstatbestands. Letzteres ist vor allem im Umweltstrafrecht bedeutsam. 

Der Einziehungsgegenstand, also das erlangte „Etwas“, ist die Gesamtheit des materiell durch die Tat oder für die Tat tatsächlich Erlangten (zum Beispiel bewegliche und unbewegliche Sachen, Belohnungen, ersparte Aufwendungen oder sonstige geldwerte Vorteile). Der Umfang des so erlangten Vermögensvorteils ist gem. § 73d Abs. 2 StGB gegebenenfalls zu schätzen.

Die Einziehung kann sich dabei sowohl gegen den Täter selbst als auch gegen den Teilnehmer (Gehilfe oder Anstifter) richten. Taterträge können gem. § 73b StGB aber auch bei einem Drittbegünstigten eingezogen werden, der weder Täter noch Teilnehmer ist, der aber selbst etwas erlangt hat. 

Die Einziehung bei einem nicht tatbeteiligten Dritten ist vor allem im Wirtschaftsstrafrecht von besonderer Bedeutung, weil dies die unternehmensbezogene Einziehung von Taterträgen ermöglicht. Denn Dritte können auch Personengesellschaften (GbR, OHG, KG) oder juristische Personen (GmbH, AG) oder deren Organe (Geschäftsführer, Vorstand) sein. 

Die Sicherung der Vermögenswerte erfolgt durch eine vorläufige Sicherstellung, gem. §§ 111b ff. StPO. Dazu gehören insbesondere die Beschlagnahme zur Sicherung der Einziehung und der Vermögensarrest zur Sicherung der Wertersatzeinziehung (z.B. bei ersparten Aufwendungen, Gebrauchsvorteilen oder bei Verlust, Verarbeitung oder Verbrauch des einzuziehenden Gegenstands).

Das deutsche Strafrecht kennt nur die Strafbarkeit natürlicher Personen, sodass Unternehmen nie nach dem Strafgesetzbuch bestraft werden können. Zumindest das Risiko einer Verbandsgeldbuße trifft aber auch das Unternehmen. Der deutsche Gesetzgeber hat sie als Sanktion des Ordnungswidrigkeitenrechts ausgestaltet, weshalb sie im Unterschied zur Strafe keinen echten Schuldvorwurf voraussetzt (§ 30 OWiG).

Im Ordnungswidrigkeitenrecht gelten für die Abschöpfung des aus der Tat erlangten Vorteils Besonderheiten. Wird ein Bußgeldbescheid erlassen, so ist bereits durch das Bußgeld der wirtschaftliche Vorteil abzuschöpfen. Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil also übersteigen. Reicht hierfür das gesetzliche Höchstmaß nicht aus, darf es dazu überschritten werden (§ 17 Abs. 4 S. 2 OWiG).

Wird eine Geldbuße gegen ein Unternehmen gem. § 30 OWiG festgesetzt, kann in diesem Fall nicht zusätzlich die Einziehung von Taterträgen angeordnet werden.

Gemäß §§ 74 ff. StGB kann sich die Einziehung auch auf die Tatprodukte, Tatmittel und Tatobjekte erstrecken. Eingezogen werden können dadurch Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Straftat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht oder bestimmt worden sind (Tatmittel).

Die einzuziehenden Gegenstände müssen entweder zum Zeitpunkt der Tat dem Täter oder Teilnehmer gehören oder allgemeingefährlich oder zur Begehung rechtswidriger Taten geeignet sein.

Die Einziehung enthält erhebliche Risiken für Betroffene. Problematisch ist hierbei, dass die Strafjustiz bereits im Ermittlungsverfahren und damit vor Erlass eines Urteils versucht entsprechende Vermögensbestandteile einzufrieren. Erwirkt die Staatsanwaltschaft dann insbesondere den oben erläuterten Vermögensarrest, kann sie selbst legal erworbene Vermögensbestandteile des betroffenen Bürgers oder Unternehmens sichern lassen. Weiß der betroffene Bürger bzw. das betroffene Unternehmen nicht einmal etwas von dem laufenden Ermittlungsverfahren ist eine effektive Strafverteidigung erheblich eingeschränkt. Selbst bei unbegründeten Vorwürfen müssen binnen kürzester Zeit Entlastungsbeweise vorgelegt werden, damit der Betroffene nicht wirtschaftlich handlungsunfähig wird. 

Besonders bei Unternehmen bedeutet wirtschaftliche Handlungsunfähigkeit, dass keine Gehälter mehr an die Arbeitnehmer ausgezahlt werden und laufende Ausgaben wie Mieten oder Firmenkredite nicht mehr bedient werden können. Die Konten sind dann „eingefroren“ und stehen dem Unternehmen nicht mehr zur Verfügung. Daueraufträge werden nicht mehr ausgeführt, Einzugsermächtigungen „platzen“, Barabhebungen sind nicht möglich und auch Zahlungen über Kreditkarten oder EC-Karten sind unmöglich. Es sind selbst dann keine Auszahlungen mehr möglich, wenn der arrestierte Betrag niedriger ist als das Bankguthaben. Darüber hinaus genügt es für die Anordnung der Einziehung schon, dass kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass Vermögen aus kriminellen Handlungen herrührt. Das Gericht kann die Einziehung also selbst dann anordnen, wenn die konkrete Straftat nicht nachgewiesen werden kann. 

Vor diesem Hintergrund sind die Gefahren für strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getretene Unternehmen besonders erheblich, wenn sie erst einmal in den Verdacht der Ermittlungsbehörden geraten. Die angeordneten Sicherungsmaßnahmen können schnell existenzbedrohende Ausmaße annehmen. Das betrifft Großkonzerne wie kleinere Unternehmen gleichermaßen. 

Damit die Einziehung nicht zu einer ruinösen strafprozessualen Zwangsmaßnahme wird und im schlimmsten Fall zu einer Insolvenz führt, sollte frühzeitig agiert werden. Aus Sicht der Verteidigung ist vor allem das Risiko einer verfrühten Sacherklärung mit den Folgen der Einziehung abzuwägen. Jedenfalls besteht immer das Risiko, dass eine zu frühe Einlassung die Verteidigung im späteren Strafverfahren gefährdet. 

Die im Strafprozessrecht erfahrenen Rechtsanwälte der Kanzlei Burgert Krötz Rechtsanwälte können bereits zu Beginn des Verfahrens darauf hinwirken, dass dem Unternehmen und dem Unternehmer beziehungsweise der Unternehmerin ausreichendes Vermögen zum Bestreiten laufender Ausgaben verbleibt. Als verteidigende Maßnahme kommt außerdem eine gerichtliche Beschwerde gegen die Einziehung und die Reduzierung der ergriffenen Zwangsmaßnahme in Betracht.