Wegen sexueller Nötigung macht sich gemäß § 177 Abs. 1 StGB strafbar, wer einen anderen Menschen gegen seinen Willen zu einer sexuellen Handlung nötigt. Mit Änderung des § 177 Abs. 1 StGB wurde die „Nein-heißt-Nein“-Lösung normiert. Das bedeutet, das vermeintliche Opfer soll jederzeit seinen Willen ändern können, unabhängig von einer zuvor erteilten Zustimmung, von der Beziehung der Beteiligten oder etwaigen Abreden oder Gegenleistungen.
Entgegen der alten Rechtslage ist nunmehr die Anwendung von Gewalt oder Drohung nicht mehr für die Verwirklichung des § 177 Abs. 1 StGB notwendig. Vielmehr genügt der erkennbar entgegenstehende Wille.
Erfolgt die Nötigung mittels Gewalt, Drohung oder unter Ausnutzung einer schutzlosen Lage, so erhöht sich gemäß § 177 Abs. 5 StGB der Strafrahmen und die sexuelle Nötigung wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
Welche Anforderungen an den entgegenstehenden Willen zu stellen sind, ist bislang noch nicht abschließend geregelt. Sowohl Rechtsprechung als auch Literatur beschäftigt die Thematik vielfältig.
Voraussetzung ist zum einen, dass der Wille des Opfers der Handlung des Täters entgegensteht. Ob der entgegenstehende Wille erkennbar ist, wird nach Maßstab eines objektiven Dritten beurteilt. Es kommt also nicht auf die Erkennbarkeit für den Täter an. Der entgegenstehende Willen kann sich verbal äußern oder durch schlüssiges Verhalten, beispielsweisedurch Weinen oder die Abwehr der sexuellen Handlung
Bei einer Nötigung unter Anwendung von Gewalt, erhöht sich die Strafe erheblich. Gewalt muss vom Täter zur Überwindung von geleistetem Widerstand odererwartetem Widerstand eingesetzt werden. Ob sich das Opfer gegen die Gewaltanwendung wehrt, ist unerheblich. Es bedarf jedenfalls einer gewissen Kraftentfaltung, die das Opfer auch als körperlichen Zwang empfinden muss. Als Gewalt im Sinne des § 177 Abs. 5 StGB wird es bereits angesehen, jemanden an der Hand zu packen, ihn auf ein Bett zustoßen oder auch, sich auf eine andere Person zu legen. Reinseelischer Zwang ist keine Gewalt im Sinne des § 177 Abs. 5 StGB. Auch Gewalt gegen Sachen (Zertrümmern von Gegenständen, um „Druck“ auszuüben) genügt nicht.
Der Täter muss mit der Gewaltanwendung allerdings nicht unmittelbar den Sexualkontakt erzwingen wollen. Es sind auch solche Situationen erfasst, in denen das Opfer noch unter dem Eindruck einer vorangegangenen Gewaltanwendung des Täters steht.
Das heimliche Verabreichen von Mitteln wird unter Umständen als Gewalt eingeordnet, wenn es dazu dient, den Willen des Opfers zu beeinträchtigen.
Auch wenn keine Gewalt angewendet wird, kann der qualifizierte Tatbestand der sexuellen Nötigung gemäß § 177 Abs.5 StGB erfüllt sein. Voraussetzung ist, dass es zu einer Drohung gekommen ist. Das ist der Fall, wenn ein künftiges Übel in Aussicht gestellt wird. Die Drohung kann verbal geschehen, aber auch durch konkludentes Verhalten, also beispielsweise durch Gesten („Kopf mit der Hand abschneiden“). Ob dieses „Übel“ tatsächlich eintreten wird oder kann, ist unerheblich: ausreichend ist, dass das Opfer die Drohung ernst nimmt und deshalb ein bestimmtes Verhalten an den Tag legt oder duldet.
Die Drohung muss sich auf eine Gefahr für Leib und Leben des Opfers beziehen. Davon ist allerdings nur auszugehen, wenn der angedrohte Angriff gegen die körperliche Unversehrtheit eine gewisse Schwere aufweist. Die Aussage, das Opfer zu vergewaltigen, falls es sich wehrt, stellt eine Drohung dar.
Eine Nötigung kann dadurch verwirklicht werden, dass der Täter das Opfer zu einer sexuellen Handlung nötigt und dabei eine schutzlose Lage des Opfers ausnutzt. Diese schutzlose Lage muss nicht unbedingt vom Täter selbst verursacht worden sein. Es genügt, wenn eine bestehende schutzlose Lage ausgenutzt wird.
Eine schutzlose Lage liegt vor, wenn „das Opfer gegenüber dem Täter verminderte Verteidigungs- und Schutzmöglichkeiten hat“. Eine solche Situation kann sich z. B. aus der Abgeschiedenheit des Ortes ergeben, an dem es zur Tat kommt. Auch fehlende Fluchtmöglichkeiten (Verschlossene Türen etc.) können zu einer schutzlosen Lage führen. Die Tatsache, dass sich das Opfer in einer fremden Umgebung befindet oder dass eine sexuelle Annäherung überraschend erfolgt, ist nicht ausreichend um von einer „schutzlosen Lage“ auszugehen. In derartigen Fällen müssten weitere Umstände hinzutreten –beispielsweise eine fehlende Hilfsmöglichkeiten für das Opfer.
Der Tatvorwurf der sexuellen Nötigung läuft ins Leere, wenn es nicht zu einer sexuellen Handlung gekommen ist.
Wann einesexuelle Handlung vorliegt, kann im Einzelfall oft schwer zu beurteilen sein und bietet regelmäßig Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Verteidigung gegen den Tatvorwurf der sexuellen Nötigung. Der Begriff der sexuellen Handlung ist gesetzlich nicht definiert. Damit eine sexuelle Handlung vorliegt, ist erforderlich, dass die Handlung objektiv und nach allgemeinem Verständnis betrachtet sexuellen Bezug aufweist. Sexuelle Motivation ist bei einer objektiv sexuellen beziehungsweise sexualisierten Handlung nicht zwangsläufig erforderlich. Das Motiv des Täters wird nur bei Handlungen relevant, die nicht eindeutig als sexuell bewertet werden können, wie das Sitzen auf eine andere Person. Geschieht das in sexueller Absicht, so liegt unter Umständen eine sexuelle Handlung im strafrechtlichen Sinne vor.
Außerdem darf die sexuelle Handlung gemäß § 184h StGB nicht unerheblich sein. Die Rechtsprechung geht von einer Erheblichkeit der sexuellen Handlung aus, wenn die Handlung „nach Art, Intensität und Dauer eine sozial nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung bedeutet“. Bei der Beurteilung der Erheblichkeit verbietet sich eine schematische Betrachtung – es kommt immer auf den Einzelfall an. Eine „Erheblichkeit der sexuellen Handlung“ wurde beispielsweise für ein Betasten des Geschlechtsteils über der Kleidung angenommen. Ein gewaltsamer Zungenkuss wurde bereits als „erhebliche sexuelle Handlung“ gewertet. Für grobe Zudringlichkeiten, das Streicheln eines bekleideten Oberschenkels oder auch eine flüchtige Berührung an der Brust, gilt dies dagegen nicht.
Wer eine sexuelle Nötigung begeht, dem droht eine Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr.
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