Neue Instrumente für Finanzermittlungen durch das Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz (VVBG)

Indem hochwertige Vermögenswerte durch Mittel unklarer Herkunft erworben werden, wird laut dem Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen die wirtschaftliche und politische Entwicklung der BRD gefährdet. Durch das Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz will der Gesetzgeber nun die Anreize für profilorientierte Straftaten beseitigen und gleichzeitig das Vertrauen in den Rechtsstaat stärken. Bislang werden insbesondere intransparente Kontrollverhältnisse genutzt, um Eigentum an illegal erworbenen Gütern zu verbergen. Der staatliche Zugriff auf Gewinne aus Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung, Proliferationsfinanzierung, Korruption oder Steuerhinterziehung wird durch die fehlende oder ineffektive Kontrolle erschwert. Die neuen Verfahrensregelungen sollen präventiv wirken, da das Strafrecht mit der Möglichkeit der Einziehung erst ab bestimmten Verdachtsmomenten für Straftaten und damit nach Ansicht des Referentenentwurfs zu spät greift.

Der Referentenentwurf beinhaltet das neue Vermögensermittlungsgesetz (VRrmiG-E) sowie Änderungen des BBF-Errichtungsgesetzes, Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetzes, Sanktionsdurchsetzungsgesetzes, Kreditwesengesetzes, Geldwäschegesetzes und des Straßenverkehrsgesetzes.

Lösungsvorschlag des VVBG

Mit den neuen Regelungen im Vermögensermittlungsgesetz soll das Wirtschafts- und Finanzsystem vor der Verschleierung und Einbringung bedeutsamer inkriminierter Vermögenswerte geschützt werden. Zukünftig soll es möglich sein, die Herkunft der für den Erwerb von Vermögenswerten aufgewendeten Mitteln oder die wirtschaftliche Berechtigung an solchen Vermögenswerten aufzuklären, die aus Fällen mit besonderen Geldwäsche- und Sanktionsrisiken stammen.

Neue Ermittlungsbefugnisse ermöglichen diese Feststellungen. Eine anlasslose Kontrolle sämtlicher hochwertiger Vermögensgegenstände soll dagegen nicht möglich sein. Vielmehr müssen den Gegenständen besondere Risikomerkmale anhängen, die konkrete Anhaltspunkte für das Herrühren aus einer rechtswidrigen Tat liefern. Hier werden deutsche und europäische rechtliche Erfahrungswerte aus Geldwäscheermittlungen für die Beurteilung herangezogen. Erstmals sind Ermittlungen ausgehend vom Gegenstand möglich. Liegt ein begründeter Verdacht vor, kann von dem Inhaber des Vermögensgegenstandes Auskunft verlangt werden. Eine Mitwirkungspflicht besteht dabei allerdings nicht.

Verdächtige und hochwertige Vermögensgegenstände im Sinne des VErmiG-E sollen künftig unabhängig von einem Strafverfahren in das erweiterte Einziehungsverfahren nach den Regelungen des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung einbezogen werden. Es soll ein echtes in-rem-Verfahren allein gegen verdächtige Vermögensgegenstände von juristischen Personen, Personengesellschaften oder sonstigen Unternehmensrechtsformen geschaffen werden. Ebenso ein Verfahren gegen solche Vermögensgegenstände, die keiner Person zugeordnet werden können und nicht im Zusammenhang mit einer bestimmten Tat oder Tatverdachten gebracht werden können.

Begriff des Vermögensgegenstandes

Nach § 2 Absatz 1 VErmiG-E wird der Begriff des Vermögensgegenstandes im Sinne des Gesetzes sehr weit gefasst und umfasst jeden Gegenstand, gleich ob körperlich oder nichtkörperlich, beweglich oder unbeweglich, materiell oder immateriell sowie darauf bezogene Rechtstitel und Urkunden. Der Wert muss 100.000 Euro übersteigen, wobei eine Schätzung genügt. Auch Sachgesamtheiten fallen darunter, wenn zwischen mehreren Vermögensgegenständen ein so enger Zusammenhang besteht, dass eine einheitliche Behandlung geboten erscheint.

Begründeter Verdacht

Ein Vermögensgegenstand ist nach § 2 Absatz 2 VErmiG-E verdächtig, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er aus einer rechtswidrigen Tat im Sinne des § 11 Nr. 5 StGB herrührt.

Diese können sich aus einer Gesamtschau insbesondere der folgenden Kriterien ergeben:

  • Die tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des wirtschaftlich Berechtigten reichen bei objektiver Betrachtung nicht aus, um den Vermögensgegenstand zu erwerben.
  • Es besteht keine Transparenz über den wirtschaftlichen Berechtigten an einem Vermögensgegenstand.
  • Der Gegenstand steht im Besitz oder in der Verfügungsbefugnis einer Person, die wegen einer Vermögensstraftat oder einer Straftat von erheblicher Bedeutung vorbestraft ist, einer kriminellen Vereinigung oder Organisation oder einer dazugehörigen Person, einer natürlichen Person, die in geografischen Risikogebieten ansässig ist oder dort eine erhebliche Geschäftstätigkeit entfaltet.
  • Gesellschaften oder sonstigen Rechtsgestaltung deren tatsächliche Einkünfte bei objektiver Betrachtung nicht ausreichen, um den Vermögensgegenstand zu erwerben, die Anschaffung des Gegenstandes ist im Verhältnis zur Satzung unüblich oder wirtschaftlich sinnlos oder das Unternehmen weist eine verschleiernde Inhaberstruktur.
  • Das Unternehmen hat ihren Sitz in einem geografischen Risikogebiet oder erfüllt u.a. die gesetzliche Transparenzpflichten nach §§ 20, 21 Geldwäschegesetzes nicht richtig oder nicht vollständig.
  • Der Vermögensgegenstand wurde im Zusammenhang mit einem Strafverfahren, bei der Einreise oder Einfuhr aus einem Risikogebiet oder trotz bestehender Anmeldepflichten nicht deklariert aufgefunden.
Zuständige Behörde

Die zuständige Behörde ist das neu geschaffene Ermittlungszentrum Vermögensverschleierung (EZV) im Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität.

Ermittlungsmaßnahmen und Erklärungsanordnung

Vor Erlass einer Erklärungsanordnung ist die Behörde befugt von dem Berechtigten Auskunft zu verlangen, Einsicht in von öffentlichen Stellen geführten Register oder sonstigen öffentlichen Quellen zu nehmen, Auskunftsersuchen nach § 24c Absatz 3 S.1 Nr. 8 Kreditwesengesetzes zu stellen und Personen vorzuladen und zu vernehmen. Letztere Ermittlungsmaßnahme gilt als ultima ratio, wenn die zuvor genannten Maßnahmen im Wesentlichen ausgeschöpft oder nicht ausführbar sind, keinen Erfolg versprechen oder den Verfahrenszweck gefährden würden. Notwendigerweise müssen für die weitreichende Befugnisnorm Hinweise für einen verdächtigen Vermögensgegenstand im Sinne des § 2 Absatz 2 VErmiG-E vorliegen.

Auch eine datenschutzrechtliche Vorschrift in § 3 Absatz 4 VErmiG-E sichert die Effektivität der Arbeitsweise, indem andere Behörden wie die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, das Bundeskriminalamt, das Finanzamt für Finanzdienstleistungsaufsicht usw. der zuständigen Behörde personenbezogenen Daten übermitteln dürfen, soweit dies für ihre Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Ebenso ein Abgleich mit den im polizeilichen Informationsverbund enthaltenen Daten soll möglich sein. Gleichzeitig kann jede öffentliche Stelle der zuständigen Behörde von Amts wegen Hinweise mitteilen (§ 16 VErmiG-E).

Nach den erfolgten Ermittlungsmaßnahmen kann die zuständige Behörde eine Anordnung im Sinne des § 5 VErmiG-E erlassen. Durch diese werden Anordnungsgegner dazu verpflichtet wahrheitsgemäße und vollständige Erklärungen abzugeben. Diese Erklärungen umfassen Angaben über

  • den wirtschaftlich Berechtigten an dem Vermögensgegenstand,
  • Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses im Sinne des § 19 Geldwäschegesetz des Anordnungsgegner und weiterer Berechtigter an dem Vermögensgegenstand,
  • Herkunft, Erwerb und Erlangung der Verfügungsmacht über den Vermögensgegenstand insbesondere über die verwendeten Mittel für den Erwerb,
  • nähere Einzelheiten des Trusts, insbesondere beteiligte Personen und wirtschaftlich Berechtigten, wenn der Vermögensgegenstand von den Treuhändern eines Trusts gehalten wird
  • und sonstige Informationen im Zusammenhang mit dem Vermögensgegenstand, soweit die Angaben der Aufgabenerfüllung der Behörde dienlich sind.

Auch die Vorlage von Schriftstücken und Nachweisen kann verlangt werden. Mit dem Erlass der Anordnung kann die zuständige Behörde weitergehende Maßnahmen treffen, die zur späteren Überprüfung der Erklärung sowie zur Durchführung von vorläufigen Sicherstellungen notwendig sind. Insbesondere kann die Behörde

  • Geschäfts- und Betriebsräume und Wohnungen betreten und durchsuchen,
  • Unterlagen, andere Gegenstände und Postsendungen einschließlich elektronischer Postfächer beschlagnahmen,
  • ausländische Behörden auf Auskunft über Informationen bzgl. Identität und wirtschaftlichen Verhältnisse ersuchen.

Diese Maßnahmen unterliegen einem Richtervorbehalt, wobei bei Gefahr im Verzug auch die zuständige Behörde Beschlagnahmen und Durchsuchungen anordnen darf.

Sicherungsmaßnahmen

Mit einer erfolgten Anordnung nach § 4 VErmiG-E kann auch eine vorläufige Sicherstellung des Vermögensgegenstandes angeordnet werden, wenn die Annahme begründet ist, dass dieser weiterhin verdächtig ist und ansonsten veräußert oder auf andere Weise dem Verfahren entzogen werden soll und so die Ermittlungen der Behörde gefährdet sind. Eine Verwertung der vorläufig sichergestellten Sache ist nach § 8 V VErmiG-E zulässig.

Beendigung des Verfahrens

Nach § 9 VErmiG-E ist die Erklärung des Anordnungsgegners auf Richtigkeit zu überprüfen. Eine Entscheidung der Behörde über den Fortgang des Verfahrens ist dem Anordnungsgegner unverzüglich schriftlich mitzuteilen.

Wenn der Gegenstand nicht aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, kann die Behörde das Verfahren einstellen (§ 10 Absatz 1 VErmiG-E).

Ergibt sich jedoch ein begründeter Anfangsverdacht für eine Straftat, gibt die Behörde das Verfahren an die zuständige Staatsanwaltschaft zur Durchführung eines selbstständigen Einziehungsverfahrens ab (§ 14 Absatz 1 VErmiG-E). Die strafrechtlichen Einziehungsvorschriften sollen dabei an ein in-rem-Verfahren angepasst werden (§ 14 Absatz 3 VErmiG-E). Auch die Finanzbehörde darf informiert werden.

Bei einer Einlassung des Anordnungsgegners, dass der Vermögensgegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, kann die zuständige Behörde beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Einziehung stellen (§§ 11, 12 VErmiG-E). Die Einziehung bewirkt, dass das Eigentum an der Sache oder das Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Rechtsträger der Behörde übergeht (§ 13 VErmiG-E), die den Einziehungsantrag gestellt hat.

Inkrafttreten

Dieses Gesetz soll am 01. Januar 2025 in Kraft treten.

Ausblick

Mangels Mitwirkungspflicht des Anordnungsgegners ist fraglich wie effektiv die neuen Regelungen in der Praxis sind. Zwar sieht der Entwurf weitreichende und tiefgreifende Grundrechtseinschränkungen vor – insbesondere die Möglichkeit der Durchsuchung von Wohnung und Geschäftsräumen, doch sind auch die Finanzkriminellen auf Verdeckung und Verschleierung spezialisiert. Häufig wird es daher an Urkunden und beweissicheren Materialien fehlen. Zeigt doch zuletzt der Steuerskandal Cum-Ex, dass die Gelder ohne Mitwirkung der Beteiligten weiterhin unentdeckt im Finanzkreislauf bleiben können.

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