Am 20.04.2024 hat der Rat der Europäischen Union der „Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel“ („Empowering consumers for the green transition“, „EmpCo“) zugestimmt. Das EU Parlament hatte die Richtlinie bereits im Januar diesen Jahres angenommen.
Die Direktive soll Verbraucher in die Lage versetzen, bewusstere Kaufentscheidungen zu treffen und so die Entwicklung hin zu nachhaltigerem Konsumverhalten fördern.
Einen Schwerpunkt bilden Vorschriften zu unlauteren Geschäftspraktiken, durch die Verbraucher in die Irre geführt werden und von nachhaltigen Kaufentscheidungen abgehalten werden – z.B. durch Greenwashing.
Dieser Beitrag widmet sich den Inhalten der Richtlinie, ordnet sie in den Kontext der weiteren europäischen Gesetzesvorhaben ein und zeigt auf, mit welchen Auswirkungen Unternehmen in Zukunft zu rechnen haben.
Einordnung in den Kontext weiterer europäischen Vorhaben
Die Richtlinie steht vor dem Hintergrund dreier europäischer Projekte: der Initiative „neue Verbraucheragenda“, dem „Aktionsplan Kreislaufwirtschaft“ und dem europäischen Green Deal.
So ist sie Teil eines Pakets von 4 Vorschlägen, zu dem neben dem Vorschlag für eine Ökodesign-Verordnung und dem Richtlinienvorschlag zur Förderung der Reparatur von Waren auch der Vorschlag zur „Green-Claims“-Richtlinie gehört. Eine ausführliche Übersicht zum Richtlinienentwurf zu den sog. „green claims“ finden Sie in einem früheren Beitrag: https://kanzlei-burgert.de/greenwashing-im-fokus/.
Der Entwurf regelt die Voraussetzungen für die Verwendung von Umweltaussagen detaillierter und soll mit der EmpCo-Richtlinie ineinandergreifen.
Zur Verbesserung der Verbraucherrechte sieht die EmpCo-Richtlinie Änderungen der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (RL 2005/29/EG) und der Richtlinie über Verbraucherrechte (RL 2011/83/EU) vor.
Inhalte der Richtlinie
Ein besonderes Augenmerk der Richtlinie liegt auf unlauteren Geschäftspraktiken, durch die Verbraucher irregeführt werden und von nachhaltigen Kaufentscheidungen abgehalten werden. Dazu ergänzt sie die sog. „schwarze Liste“ im Anhang der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken („UGP-Richtlinie“).
Die folgenden Verhaltensweisen gehören in Zukunft zu den Geschäftspraktiken, die unter allen Umständen als unlauter gelten (sog. per-se Verbote) und somit gem. Art. 5 Abs. 1 der RL 2005/29/EG verboten sind:
- Das Anbringen eines Nachhaltigkeitssiegels, das nicht auf einem Zertifizierungssystem beruht oder nicht von staatlichen Stellen festgesetzt wurde (neuer Anhang I der RL 2005/29/EG Nr. 2a),
- Allgemeine Umweltaussagen, bei denen der Gewerbetreibende die hervorragende Umweltleistung nicht nachweisen kann (neuer Anhang I Nr. 4a),
- Umweltaussagen zum gesamten Produkt, wenn sie sich tatsächlich nur auf einen bestimmten Aspekt des Produkts beziehen (neuer Anhang I Nr. 4b),
- Die Präsentation von Anforderungen als Besonderheit des Angebots des Unternehmers, die kraft Gesetzes ohnehin für alle Produkte in der betreffenden Produktkategorie auf dem Unionsmarkt gelten (neuer Anhang I Nr. 10a),
- Das Treffen der Aussage, dass ein Produkt eine neutrale, reduzierte oder positive Auswirkung auf die Umwelt in Bezug auf Treibhausgasemissionen hat, diese jedoch aufgrund der Kompensation von Treibhausgasemissionen beruht (neuer Anhang I Nr. 4c).
Die folgenden Geschäftspraktiken werden in bestimmten Fällen zusätzlich zu den bisher in Art. 6 II der RL 2005/29/EG genannten als irreführend gelten:
- Treffen einer Umweltaussage über die künftige Umweltleistung ohne klare, objektive, öffentlich einsehbare und überprüfbare Verpflichtungen (Art. 1 Nr. 2 b) der RL)
- Werbung mit Vorteilen für Verbraucher, die irrelevant sind und sich nicht aus einem Merkmal des Produkts oder der Geschäftstätigkeit ergeben.
Darüber hinaus zielt die Richtlinie darauf ab, eine bessere Entscheidungsgrundlage für Verbraucher zu schaffen. Insbesondere durch eine zuverlässigere Bereitstellung von Informationen über Zirkularitätsaspekte wie
- gewerbliche Haltbarkeitsgarantien,
- die Verfügbarkeit kostenfreier Software-Aktualisierungen für alle Waren mit digitalen Elementen, Inhalten und Dienstleistungen (Art. 2 Nr. 2 b) der RL)
- sowie die Reparierbarkeit von Produkten (Art. 2 Nr. 2 c) der RL)
sollen bewusstere Konsumentscheidungen mit Blick auf eine zu vermeidende Obsoleszenz von Waren gefördert werden. Hierzu nimmt die Richtlinie in Artikel 2 Änderungen an der Richtlinie über Verbraucherrechte vor.
Auswirkungen für Unternehmen
Nach Zustimmung des Rates ist die Beschlussfassung nunmehr komplett und die Richtlinie kommt. Die Mitgliedstaaten haben nach Inkrafttreten der Richtlinie 2 Jahre Zeit, die Regelungen umzusetzen. Deutschland wird die Vorgaben im Rahmen des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb umsetzen. Diese Reform wird dann bis zum 27.9.2026 in Kraft treten.
Spätestens ab diesem Zeitpunkt müssen Unternehmen die neuen Vorgaben berücksichtigen. Die strengen Verbote und Anforderungen an die Belegbarkeit von Umweltaussagen werden viele Unternehmen vor die Herausforderung stellen, ihre Werbestrategien anzupassen. So dürfen Unternehmen in Zukunft insbesondere keine eigenen Nachhaltigkeitssiegel mehr für das Marketing nutzen und Aussagen wie „klimaneutral“ nur noch dann verwenden, wenn die „neutralen“ Umweltauswirkungen nicht auf Kompensationen von Treibhausgasen beruhen.
Aussagen über die zukünftige Umweltleistung des Unternehmens müssen mit klaren, objektiven, öffentlich einsehbaren und überprüfbaren Verpflichtungen, die in einem detaillierten und realistischen Umsetzungsplan festgelegt sind, der messbare und zeitgebundene Ziele sowie weitere relevante Elemente umfasst, die zur Unterstützung seiner Umsetzung erforderlich sind, wie die Zuweisung von Ressourcen, und der regelmäßig von einem unabhängigen externen Sachverständigen überprüft wird, dessen Erkenntnisse Verbrauchern zur Verfügung gestellt werden (Art. 1 Nr. 2 b) der RL).
Wir werden auch weiterhin über die Ausweitungen des Umweltstrafrechts berichten und beraten sowohl in Fragen der Implementierung „grüner“ Compliance-Maßnahmen, als auch in sämtlichen umweltstrafrechtlichen sowie -bußgeldrechtlichen Verfahren und Fragestellungen.