Durchsuchungen von Arztpraxen sind im Medizinstrafrecht ein gängiges Instrument der Strafverfolgungsbehörden, um Beweismittel aufzufinden und zu sichern. Bei Ermittlungen wegen Abrechnungsbetrug oder fahrlässiger Tötung bzw. Körperverletzung wegen möglicherweise strafbaren Behandlungsfehlern, wird häufig gezielt nach Behandlungsdokumentationen bzw. Abrechnungsunterlagen gesucht. Angesichts der sensiblen Patientendaten, die in den Praxisräumen aufbewahrt werden, ist der richtige Umgang von Ärztinnen und Ärzten sowie Praxismitarbeitenden mit dieser überfordernden Situation besonders wichtig.
Da im Medizinstrafrecht grundsätzlich jeder Arzt bzw. jede Arztpraxis – unabhängig von der Schuldfrage – in den Fokus der Ermittlungsbehörden gelangen und überraschend mit einer Durchsuchung konfrontiert werden kann, ist es sinnvoll für den Fall der Fälle einige Grundregeln zu verinnerlichen.
Dieser Leitfaden fasst die wichtigsten Do’s and Don’ts zusammen, hilft der Situation souverän zu begegnen und gängige Fehler zu vermeiden.
1) Bleiben Sie ruhig und leisten Sie keinen Widerstand!
Verhalten Sie sich ruhig und leisten Sie keinen Widerstand gegen die Durchsuchungsmaßnahme.
Wenn möglich, schicken Sie die anwesenden Patientinnen und Patienten aus der Praxis und vermeiden, dass diese etwas von der Durchsuchung mitbekommen. Es hilft, die Ermittlungsbeamten in einen separaten Raum zu bitten, um das Geschehen zunächst etwas abzugrenzen.
Bleiben Sie vor Ort und beobachten Sie das Geschehen aufmerksam. Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume hat gem. § 106 StPO ein Anwesenheitsrecht. Sind Sie nicht vor Ort, soll ein Vertreter (Mitarbeitende) der Durchsuchung beiwohnen.
2) Rufen Sie einen Strafverteidiger!
Kontaktieren Sie sofort einen Rechtsanwalt (Notfallnummer Burgert Krötz Rechtsanwälte: 0152/53529213) und stimmen Sie das weitere Vorgehen ab. Bestenfalls macht sich der Strafverteidiger umgehend auf den Weg und wohnt der Durchsuchung bei. Alternativ kann die Durchsuchung auch telefonisch begleitet werden und so der ordnungsgemäße Ablauf überwacht werden.
Bitten Sie darum, dass mit dem Beginn der Durchsuchung auf das Eintreffen Ihres Strafverteidigers gewartet wird. Darauf haben Sie zwar kein Recht, oft wird diesem Wunsch aber dennoch entsprochen.
In der Praxis erfolgt zumeist eine telefonische Absprache zwischen Strafverteidiger und einem ermittlungsführenden Beamten.
Bestehen Sie auf Ihr Recht, jederzeit einen Rechtsanwalt kontaktieren zu dürfen.
3) Prüfen Sie den Durchsuchungsbeschluss!
Sie haben das Recht, den Durchsuchungsbeschluss einzusehen. Lesen Sie den Durchsuchungsbeschluss sorgfältig durch. Überprüfen Sie die angegebene Anschrift und achten Sie darauf, welche Bereiche aufgeführt sind (Praxisräume, Pkw. etc.). So können Sie sicherstellen, dass nur Bereiche durchsucht werden, die von dem Beschluss erfasst sind. Falls Sie keine Abschrift ausgehändigt bekommen, kopieren oder fotografieren Sie den Beschluss.
Im Idealfall wird die Durchsuchung bis zum Eintreffen Ihres Strafverteidigers unterbrochen.
4) Lassen Sie sich die Dienstausweise der Ermittlungsbeamten zeigen und notieren Sie sich Namen und Funktion!
So können Sie verhindern, dass Unbefugte Zutritt zu Ihren Räumlichkeiten erhalten und die Zeit bis zum Eintreffen Ihres Strafverteidigers etwas hinauszögern, falls die Ermittlungsbeamten eine Unterbrechung bis zu dessen Eintreffen ablehnen.
5) Dulden Sie die Durchsuchung und kooperieren Sie gegebenenfalls!
Sie sind nicht verpflichtet, aktiv an der Durchsuchung mitwirken, bleiben Sie also in der Rolle eines passiven – aber aufmerksamen – Beobachters.
In der Regel wollen die Ermittler Behandlungsdokumentationen, Terminkalender, Abrechnungen, Dienstpläne usw. einsehen. Es ist in Ihrem Interesse sein, den Beamten auf Nachfrage mitzuteilen, wo sich bestimmte Unterlagen befinden. So können Sie vermeiden, dass nicht verfahrensrelevante Unterlagen durchsucht und möglicherweise beschlagnahmt werden. Das Mitteilein von Zugangsdaten zu elektronischer Software sollte immer vorab mit einem Strafverteidiger besprochen werden. Es kann sinnvoll sein, um die Mitnahme der gesamten Hardware zu vermeiden. So wird die Durchsuchung nicht unnötig ausgedehnt und das Risiko etwaiger Zufallsfunde minimiert.
Vernichten oder verstecken Sie auf keinen Fall Beweismittel! Diese Handlungen können zur Annahme einer Verdunklungsgefahr führen, also zum Vorliegen eines Haftgrundes und somit zu Untersuchungshaft führen.
6) Geben Sie keine Unterlagen freiwillig heraus! Widersprechen Sie der Beschlagnahme!
Entscheidend ist, dass Sie keine Unterlagen freiwillig herausgeben. Das gilt insbesondere für Patientenakten. In der freiwilligen Herausgabe kann eine Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht liegen. Dadurch riskieren Sie eine Strafbarkeit nach § 203 StGB wegen Verletzung von Privatgeheimnissen.
Den Beamten bleibt nun nur noch die Beschlagnahme der Beweismittel, diese kann gegen ihren Willen erfolgen, § 94 Abs. 2 StPO. Widersprechen Sie der Beschlagnahme und stellen Sie sicher, dass der ausdrückliche Widerspruch im Durchsuchungsprotokoll festgehalten wird.
7) Kopieren Sie Unterlagen, die beschlagnahmt werden!
Unterlagen, die von den Ermittlern im Original beschlagnahmt werden, dürfen Sie vorher kopieren. So können Sie die Praxisabläufe auch nach der Durchsuchung sicherstellen.
8) Schweigen Sie zu den Vorwürfen!
Äußern Sie sich nicht spontan zu den Vorwürfen und lassen Sie sich nicht auf ein informelles Gespräch am Rande des Geschehens ein. Unüberlegte Äußerungen in Bezug auf Patientendaten können die ärztliche Schweigepflicht verletzen und so eine Strafbarkeit gem. § 203 StGB nach sich ziehen, wenn der Patient den Arzt nicht von seiner Schweigepflicht entbunden hat.
Auch um die weitere Verteidigung zu erleichtern, gilt grundsätzlich: Schweigen ist Gold! Ihr Schweigen kann nicht gegen Sie verwendet werden. Nach Akteneinsicht und Rücksprache mit Ihrem Strafverteidiger kann gegebenenfalls immer noch eine schriftliche Stellungnahme zu den Vorwürfen abgegeben werden.
Es kommt gelegentlich vor, dass Ermittlungsbeamte während der Durchsuchung versuchen die Mitarbeitenden in der Praxis zu spontanen Äußerungen zu verleiten und den Überrumpelungseffekt der Durchsuchung auszunutzen. Im Gegensatz zum Beschuldigten müssen Zeugen aussagen. Hierbei ist jedoch anzuraten, den Polizeibeamten mitzuteilen, dass man zunächst Rücksprache mit einem Rechtsanwalt halten möchte und danach ein Termin vereinbart werden könne, in dem man aussagen werde. Eine sofortige Zeugenvernehmung vor Ort oder Antworten auf spontane Fragen der Polizeibeamten sollte vermieden werden – es wird geraten die Mitarbeitenden darüber zu informieren.
Die wichtigsten Verhaltensregeln nochmal auf einen Blick:
1) Bleiben Sie ruhig und leisten Sie keinen Widerstand!
2) Rufen Sie einen Strafverteidiger! Bitten Sie darum, mit der Durchsuchung auf das Eintreffen Ihres Verteidigers zu warten.
3) Geben Sie keine Unterlagen freiwillig heraus! Widersprechen Sie der Beschlagnahme!
4) Schweigen Sie zu den Vorwürfen! Machen Sie keine Angaben ohne Rücksprache mit Ihrem Strafverteidiger!
In Falle der Durchsuchung Ihrer Praxis, kontaktieren Sie uns gerne jederzeit unter der Notfallnummer (Burgert Krötz Rechtsanwälte: 015253529213). Mit jahrelanger Erfahrung im Medizinstrafrecht, stehen wir Ihnen in allen Phasen des Verfahrens kompetent zur Seite.