Ein Sexualstrafverfahren belastet nicht nur persönlich, sondern kann auch erhebliche Auswirkungen auf die berufliche Zukunft haben. Die beruflichen Folgen eines Sexualstrafverfahrens unterscheiden sich je nach Status: Angestellte, Beamte, Freiberufler und sogar Studierende sind betroffen – oft bereits vor einem Urteil. In diesem Beitrag beantworten wir die wichtigsten Fragen.
Welche beruflichen Folgen hat ein Sexualstrafverfahren für Angestellte?
Für Arbeitnehmer können die beruflichen Folgen eines Sexualstrafverfahrens in der Regel unmittelbar spürbar sein. Arbeitgeber achten besonders auf das Vertrauensverhältnis, die Außenwirkung und mögliche Risiken am Arbeitsplatz. Voraussetzung ist immer die Kenntnis des Arbeitgebers von einem Sexualstrafverfahren gegen den Arbeitnehmer.
Muss der Arbeitgeber über ein Sexualstrafverfahren informiert werden?
Grundsätzlich besteht keine allgemeine Pflicht, den Arbeitgeber über ein laufendes Strafverfahren zu informieren. Das Verfahren ist zunächst Privatsache, solange es keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis gibt.
Ausnahme: Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit
Besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Tatvorwurf und der ausgeübten Tätigkeit, kann eine Mitteilungspflicht vorliegen:
- Beispiel: Ein Erzieher wird wegen sexuellen Missbrauch von Kindern angeklagt → direkter Bezug zur Tätigkeit mit Kindern.
- Beispiel: In der Kinder- und Jugendhilfe bestehen teilweise gesetzliche Mitteilungspflichten nach dem SGB VIII.
Kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen?
- Außerordentliche fristlose Kündigung (§ 626 BGB):
Liegt ein „wichtiger Grund“ vor, kann das Arbeitsverhältnis sofort beendet werden. Das ist regelmäßig der Fall, wenn der Vorwurf in engem Zusammenhang mit der Tätigkeit steht – beispielsweise bei Erziehern oder Pflegepersonal.
- Ordentliche Kündigung:
Auch wenn kein unmittelbarer Bezug zur Arbeit besteht, kann eine Kündigung möglich sein. Gerade in Positionen mit hohem Ansehens- oder Vertrauensaspekt (z. B. leitende Angestellte, Geschäftsführer, Personen im Kundenkontakt) kann schon die Rufschädigung ausreichen.
- Verdachtskündigung:
Bereits ein „dringender Tatverdacht“ kann genügen, wenn die Vorwürfe das Arbeitsverhältnis unzumutbar belasten. Voraussetzung: Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer vorher anhören.
Können Arbeitnehmer während des Verfahrens freigestellt werden?
- Ja, Arbeitgeber können Angestellte sofort freistellen, wenn der Verdacht oder die öffentliche Wahrnehmung eine Weiterbeschäftigung unzumutbar macht.
- Die Freistellung kann widerruflich oder unwiderruflich erfolgen, meist unter Fortzahlung der Bezüge.
- In Berufen mit besonderem Schutzauftrag (z. B. Schulen, Kitas, Kliniken) ist eine sofortige Suspendierung die Regel.
Praxisbeispiele
- Ein Erzieher wird wegen Vergewaltigung im privaten Umfeld angeklagt. Obwohl die Tat nicht in der Kita stattfand, spricht der Arbeitgeber eine Verdachtskündigung aus.
- Ein Bürokaufmann wird wegen Besitzes kinderpornografischer Inhalte (§ 184b StGB) verurteilt. Der Arbeitgeber kündigt, da das Unternehmen mit Jugendprojekten arbeitet – die Kündigung wurde vom Arbeitsgericht bestätigt.
Damit zeigt sich: Für Angestellte können die Folgen von Freistellung und Versetzung bis hin zur fristlosen Kündigung reichen – oft schon bei bloßem Verdacht.
Welche beruflichen Folgen hat ein Sexualstrafverfahren für Beamte?
Die beruflichen Folgen eines Sexualstrafverfahrens für Beamte sind besonders einschneidend. Beamte unterliegen nicht nur dem Strafrecht, sondern auch dem Disziplinarrecht, das hohe Anforderungen an Integrität und Vorbildfunktion stellt. Ein Sexualstrafverfahren kann massive Konsequenzen nach sich ziehen.
Wann wird ein Disziplinarverfahren eingeleitet?
- Bereits mit Bekanntwerden eines Ermittlungsverfahrens nach §§ 17 ff. BDG (Bundesdisziplinargesetz).
- Das Disziplinarverfahren läuft regelmäßig parallel zum Strafverfahren.
- Auch wenn das Ermittlungs- oder Strafverfahren eingestellt wird, kann das Disziplinarverfahren fortgeführt werden. Maßstab ist nicht allein die Strafbarkeit, sondern die Frage, ob das Verhalten mit der Würde und Integrität des Amtes vereinbar ist.
Welche disziplinarrechtlichen Maßnahmen sind möglich?
Das BDG sieht abgestufte Maßnahmen vor:
- Verweis (§ 5 BDG)
- Geldbuße (§ 7 BDG)
- Kürzung der Dienstbezüge (§ 8 BDG)
- Zurückstufung (§ 9 BDG)
- Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG)
Wann droht die Entfernung aus dem Dienst?
- Schwere Sexualdelikte: Eine Verurteilung wegen Vergewaltigung (§ 177 StGB) oder sexuellen Missbrauchs (§§ 174 ff. StGB) führt fast immer zur Entfernung aus dem Dienst – wie immer kommt es hier natürlich auf den Einzelfall an.
- Freiheitsstrafe von über einem Jahr: Führt automatisch zum Verlust der Beamtenrechte (§ 41 BBG, § 24 BeamtStG).
- Geldstrafen: Schon Geldstrafen über 90 Tagessätze können das Ende der Beamtenlaufbahn bedeuten, insbesondere bei Lehrern, Polizisten oder Justizbeamten.
Welche Maßnahmen sind schon vor einem Urteil möglich?
- Vorläufige Dienstenthebung (§ 38 BDG)
- Einbehaltung von Bezügen (§ 39 BDG) (bis zu 50 %)
- Versetzung in eine andere Dienststelle
Besonderheiten bei bestimmten Berufsgruppen
- Lehrer und Erzieher: Schon der Verdacht einer Sexualstraftat und ein eingeleitetes Ermittlungsverfahren kann zu sofortiger Suspendierung führen. Eine Rückkehr in den Schuldienst nach Verurteilungen ist praktisch ausgeschlossen.
- Polizeibeamte: Repräsentieren den Staat. Sexualdelikte gelten als schwerwiegender Vertrauensbruch. Fast jede Verurteilung führt zur Entfernung.
- Justizbeamte (Richter, Staatsanwälte): Unterliegen den besonderen Anforderungen des DRiG. Sexualdelikte führen regelmäßig zur Entfernung wegen „Unwürdigkeit“.
Praxisbeispiel
Ein Lehrer wird wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften (§ 184b StGB) zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt.
- Strafrechtlich: Keine Freiheitsstrafe.
- Disziplinarrechtlich: Entfernung aus dem Schuldienst, da das Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zerstört ist (§ 24 BeamtStG).
Für Beamte sind die beruflichen Folgen eines Sexualstrafverfahrens besonders drastisch. Neben strafrechtlichen Sanktionen drohen fast immer disziplinarische Maßnahmen – von der Kürzung der Bezüge bis zur Entfernung aus dem Dienst. Schon der Verdacht kann eine Suspendierung auslösen. Besonders in Berufen mit hohem Vertrauensstandard (Lehrer, Polizei, Justiz) führen selbst moderate Strafen zum Ende der Beamtenlaufbahn.
Welche beruflichen Folgen hat ein Sexualstrafverfahren für Freiberufler?
Freiberufler wie Ärzte, Anwälte, Steuerberater, Architekten oder Psychotherapeuten sind nicht durch Kündigung bedroht. Für sie ist die größte Gefahr der Verlust der berufsrechtlichen Zulassung – und damit ihrer gesamten Existenz.
Kann die Zulassung oder Approbation entzogen werden?
- Ärzte: Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO droht Entzug der Approbation bei Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit.
- Rechtsanwälte: Nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 BRAO Entzug der Zulassung bei Unwürdigkeit.
- Steuerberater: Widerruf der Bestellung nach § 46 Abs. 2 Nr. 2 StBerG bei Unzuverlässigkeit.
- Psychotherapeuten/Heilberufe: Entzug der Approbation, wenn Zweifel an der Eignung bestehen.
Welche Rolle spielt das Berufsrecht der Kammern?
- Ärztekammern: Können Berufsausübungsverbote verhängen oder Approbationsentzug anstoßen.
- Rechtsanwaltskammern: Leiten berufsrechtliche Verfahren ein, parallel zum Strafverfahren.
- Steuerberaterkammern: Prüfen Zuverlässigkeit und können Disziplinarmaßnahmen verhängen.
Weitere Folgen
- Verlust von Mandanten/Patienten durch öffentliche Berichterstattung.
- Verlust von Lehraufträgen/Gutachtertätigkeiten.
- Öffentliche Einträge in Berufsregistern bei Kammerentscheidungen.
Handlungsspielräume
- Bei Verfahrenseinstellungen gegen Geldauflage, geringen Geldstrafen (meist unter 90 Tagessätzen) oder Strafbefehlen (unter einem Jahr) sind Spielräume für eine erfolgsversprechende berufsrechtliche Verteidigung gegeben.
- Auch im Kammerverfahren ist eine aktive Verteidigung wichtig, um Berufsverbote zu verhindern.
Freiberufler tragen das höchste Risiko, ihre berufsrechtliche Zulassung zu verlieren. Ob Approbation, Anwaltszulassung oder Bestellung als Steuerberater – eine Verurteilung wegen Sexualdelikten kann die Berufsausübung dauerhaft beenden und damit einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden mit sich bringen.
Welche beruflichen Folgen hat ein Sexualstrafverfahren für Studierende?
Studierende sind ebenfalls betroffen – selbst ohne Berufstätigkeit.
- Ausschluss vom Studium: Hochschulen können nach Landeshochschulgesetzen Exmatrikulationen aussprechen. Besonders in Medizin, Jura oder Lehramt ist dies häufig.
- Folgen für Staatsexamensfächer:
- Juristen: § 7 BRAO und § 9 DRiG verlangen „Würdigkeit“.
- Lehramt: Verbeamtung setzt Eignung nach § 7 BeamtStG voraus.
- Mediziner: Approbation kann nach § 3 BÄO verweigert werden.
- Führungszeugnis: Sexualdelikte erscheinen im erweiterten Führungszeugnis (§ 30a BZRG) und verhindern oft Referendariat oder Approbation.
Verteidigung durch hochspezialisierte Kanzlei
Ein Sexualstrafverfahren hat fast immer gravierende Auswirkungen auf das Berufsleben – ganz gleich ob Angestellter, Beamter, Freiberufler oder Studierender. Von Kündigungen über Disziplinarverfahren bis hin zu Approbations- oder Zulassungsentzug drohen erhebliche Gefahren für die berufliche Existenz. Bereits der Verdacht kann ausreichen, um Ruf, Karriere und Zukunft dauerhaft zu belasten.
Die Kanzlei Burgert Krötz verfügt über langjährige Erfahrung in der erfolgreichen Verteidigung in Sexualstrafverfahren. Wir haben dabei stets auch die berufsrechtlichen Folgen im Blick und vertreten auch in berufsrechtlichen Verfahren:
- Wir verteidigen Beamte nicht nur im Strafverfahren, sondern auch engagiert in Disziplinarverfahren gegen Dienstenthebung und Entfernung aus dem Dienst.
- Wir vertreten Freiberufler gegenüber Kammern und Behörden, um die Approbation oder Zulassung zu sichern und berufsrechtliche Konsequenzen abzuwehren.
Wenn Sie von einem Sexualstrafverfahren betroffen sind, wenden Sie sich frühzeitig an uns. Eine spezialisierte Verteidigung kann entscheidend sein, um sowohl strafrechtliche als auch berufliche Folgen zu minimieren.