Die gesetzlichen Krankenkassen schlagen Alarm: Abrechnungsbetrug im Pflegebereich verursacht jedes Jahr Schäden in Millionenhöhe – mit gravierenden straf- und berufsrechtlichen Konsequenzen für die betroffenen Leistungserbringer.
So berichtete die DAK-Gesundheit im Jahr 2024, dass sich der durch Betrugsfälle verursachte Schaden allein bei ihr im zweistelligen Millionenbereich bewegt. Das speziell eingerichtete DAK-Ermittlungsteam bearbeitete über 4.000 Verdachtsfälle – fast jeder zweite davon betraf Pflegeleistungen. Auch die KKH Kaufmännische Krankenkasse meldete für 2024 einen Schaden in Höhe von 5,4 Millionen Euro, davon entfielen rund 75 % auf die ambulante Pflege.
Diese Zahlen zeigen: Das Problembewusstsein der Krankenkassen ist hoch, insbesondere gegenüber abrechnenden Pflegediensten. Entsprechende Prüfungen führen zunehmend zu Strafanzeigen – mit allen damit verbundenen rechtlichen Folgen für die Verantwortlichen. Ebenfalls rüsten die Strafverfolgungsbehörden auf, indem Schwerpunktstaatsanwaltschaften implementiert werden, die auf Verfolgung von Abrechnungsbetrug und Bestechung bzw. Bestechlichkeit im Gesundheitswesen durch geschultes Personal und unter Einsatz von IT-Forensikern spezialisiert sind.
Typische Erscheinungsformen des Abrechnungsbetrugs in der Pflege
Die folgenden Beispiele geben einen Überblick zu Sachverhaltskonstellationen, die in der Praxis im Zusammenhang mit Abrechnungen durch Pflegedienste häufig auffällig sind und eine strafrechtliche Verfolgung auslösen:
- Abrechnung nicht erbrachter Leistungen: Etwa durch fingierte Hausbesuche oder dokumentierte Pflegeleistungen ohne tatsächlichen Patientenkontakt. Hier spielt in der Praxis auch der Missbrauch des Entlastungsbetrags eine immer größere Rolle.
- Doppelte oder überhöhte Abrechnung: Leistungen werden mehrfach oder überhöht zur Abrechnung eingereicht.
- Einsatz nicht qualifizierten Personals: Leistungen werden von ungeschultem Personal erbracht, gegenüber der Kasse jedoch als Fachpflege deklariert.
- Absprachen mit Patienten oder Angehörigen: Leistungen werden bestätigt, obwohl sie nicht erfolgt sind – häufig gegen finanzielle Beteiligung.
- Manipulation von Nachweisen: Leistungsnachweise, Dokumentationen und Pflegeberichte werden nachträglich gefälscht.
Welche (rechtlichen) Konsequenzen sind zu erwarten?
Pflegedienstleitungen, Pflegekräfte oder Verwaltungsverantwortliche, die in solche Vorgänge verwickelt sind – ob vorsätzlich oder fahrlässig –, sehen sich nicht nur Rückforderungen durch die Krankenkassen, sondern auch schwerwiegenden rechtlichen Konsequenzen ausgesetzt:
- Strafrechtlich: Abrechnungsbetrug erfüllt regelmäßig den Tatbestand des Betrugs (§ 263 StGB). Es drohen Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren, in besonders schweren Fällen sogar bis zu zehn Jahren.
- Sozialrechtlich: Rückforderungsansprüche der Kassen, ggf. Vertragsstrafen
- Berufsrechtlich: Entzug der Berufsbezeichnung zum Krankenpfleger, Kündigung des Versorgungsvertrags mit der Krankenkasse oder arbeitsrechtliche Konsequenzen wie Kündigung.
- Rufschädigung: Der Imageschaden kann zu einem erheblichen Verlust an Patienten und Kooperationspartnern führen – oft mit existenzbedrohenden Folgen.
Was müssen Pflegedienste beachten?
Für Pflegedienste und ambulante Pflegeanbieter ist Prävention der beste Schutz. Eine rechtssichere und transparente Abrechnungspraxis, korrekt geführte Pflegedokumentationen sowie regelmäßige interne Kontrollen sind essenziell. Ebenso wichtig: Verantwortliche sollten ihre Mitarbeitenden sensibilisieren und fortlaufend schulen – sowohl hinsichtlich der Abrechnungsmodalitäten als auch möglicher strafrechtlicher Risiken.
Sollte jedoch ein Ermittlungsverfahren drohen oder bereits ein Anfangsverdacht im Raum stehen, ist eine frühzeitige anwaltliche Beratung dringend geboten. Eine vorschnelle Einlassung gegenüber Ermittlungsbehörden kann erhebliche Nachteile mit sich bringen.
Fazit
Abrechnungsbetrug ist kein Kavaliersdelikt – für betroffene Pflegeeinrichtungen und Pflegedienste geht es schnell um hohe Rückforderungen, Strafverfahren und berufsrechtliche Sanktionen. Wer rechtzeitig handelt, kann Schäden abwenden oder zumindest minimieren.
Unsere Kanzlei, die auf das Medizinstrafrecht spezialisiert ist, verfügt über umfassende Fachkenntnisse bei der Verteidigung von Pfegeeinrichtungen und Pflegedienste bei Vorwürfen im Zusammenhang mit dem Vorwurf des Abrechnungbetrugs. Die Rechtsanwälte der Kanzlei Burgert Krötz PartGmbB stehen Ihnen mit kompetenter präventiver Beratung, aber im Ernstfall auch mit effektiver Strafverteidigung zur Seite.
In unserem Blog finden Sie weitere Beiträge, bspw. zum Abrechnungsbetrug bei Ärzten, Zahnärzten und Physiotherapeuten. Sollten darüber hinaus offene Fragen geblieben oder eine fachkundige Verteidigung gewünscht sein, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir vereinbaren auch gerne einen unkomplizierten Online-Besprechungstermin!